Jenninger und die Schriftgelehrten

Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Propheten Grabmäler bauet und schmücket der Gerechten Gräber und sprecht: Wären wir zu unsrer Väter Zeiten gewesen, so wären wir nicht mit ihnen schuldig geworden an der Propheten Blut! So gebt ihr über euch selbst Zeugnis, daß ihr Kinder seid derer, die die Propheten getötet haben. Wohlan, erfüllet auch ihr das Maß eurer Väter!

Jesu Worte im 23. Kapitel des Matthäus-Evangeliums richten sich gegen die Gesetzeshüter der religiösen Gemeinschaft, der er selbst angehört. Sie sind auf den ersten Blick rätselhaft. Was ist falsch daran, den ermordeten Propheten Grabmäler zu errichten und sich von den Bluttaten der „Väter“ zu distanzieren? Der tiefere Sinn dieser Bibelstelle offenbart sich René Girard zufolge, wenn man sie im Kontext seiner anthropologischen Theorie vom Sündenbock liest. Dann kann sie auch zu einem besseren Verständnis des schwierigen Umgangs der Deutschen mit ihrer Vergangenheit beitragen, der sich in einem der größten Politikerskandale der Nachkriegszeit kristallisiert: der umstrittenen Rede des Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger zum 50. Jahrestag der sogenannten „Reichskristallnacht“.

Worin besteht nun genau der Vorwurf, den Jesus den Schriftgelehrten und Pharisäern macht? Die Antwort Girards lautet: Nicht obwohl sie den Propheten Denkmäler bauen und ihre Vorfahren verdammen, sondern gerade weil sie das tun, setzen sie deren unheilvolles Tun fort. Die Distanzierung von der Gewalt ihrer Vorfahren dient ihnen nämlich dazu, sich von ihrer eigenen Gewalt reinzuwaschen. Damit wiederholen sie auf der symbolischen Ebene die Taten der Väter, die ebenfalls töteten, um von der eigenen Gewalt abzulenken. Das Heuchlerische besteht in ihrer Behauptung, dass sie sich an der Stelle der Väter nicht an den Propheten verschuldet hätten. Der Bruch mit der Vergangenheit ist für Girard ein Kontinuum der Menschheitsgeschichte. Generationen brechen mit vorherigen Generationen, stehlen sich aus ihrer eigenen Verantwortung und setzen dadurch paradoxerweise das Verhalten fort, das sie an ihren Vätern kritisieren. Gerade in der Distanzierung von den Eltern erweisen sie sich als deren wahre Kinder, um im Bild der Worte Jesu zu bleiben. (Eine ausführliche Darstellung findet sich in Girards Artikel „The Evangelical Subversion of Myth“ in Politics and Apocalypse, Robert Hamerton-Kelly ed. (MSU P: Studies in Violence, Mimesis, and Culture, 2007)).

Die kollektive Gewalt gegen unschuldige Opfer, „Sündenböcke“, ist für Girard die Urerfahrung, die das Fundament der menschlichen Kultur bildet. Im Zusammenhalt gegen einen inneren oder äußeren Feind finden Gesellschaften zur Einigkeit. So wird die Gewalt kanalisiert, welche ansonsten zwischen allen Mitgliedern der Gesellschaft ausbräche. Die archaischen Kulturen hegten und pflegten diese „reinigende Gewalt“ unbewusst: Sie erzählten den „Gründungslynchmord“ in ihren Mythen und spielten ihn in ihren Ritualen nach. Und sie brachten Opfer dar, erst Menschen-, dann Tieropfer. In einem fortwährenden „sakrifiziellen“ Kreislauf trieben sie die Gewalt durch Gewalt aus. Dass wir den Sündenbockmechanismus durchschauen und anprangern, wo auch immer wir Zeugen der Gewalt gegen Unschuldige werden, verdanken wir René Girard zufolge in hohem Maße den biblischen Schriften. Diese brechen nicht nur radikal mit den alten Opferritualen, sondern „dekonstruieren“ sie gleichsam. Zwar handeln sie von Verfolgung und Gewalt, stellen diese aber erstmals konsequent aus der Perspektive der unschuldigen Opfer dar, wie Girard anhand vieler Beispiele aus dem Alten und dem Neuen Testament zeigt.

Girards Deutung der Worte Jesu gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer lässt die Schwierigkeiten der Deutschen, sich ihrer jüngeren Vergangenheit zu stellen, in einem neuen Licht erscheinen. Man denke an den antifaschistischen Kult, der in der untergegangenen DDR betrieben wurde, und der nach demselben Schema funktionierte: Wir haben nichts mit den Gewalttaten der Nazis zu tun uns waschen unsere Hände in Unschuld. Anders als unsere imperialistischen Nachbarn haben wir die Verbrecher in die Wüste geschickt. Um unsere Unschuld zu beweisen, erheben wir den Antifaschismus zur verbindlichen Ideologie. In der Publikation „Antifaschismus als Staatsdoktrin“ der Konrad-Adenauer-Stiftung spricht der Politikwissenschaftler Herfried Münkler vom Antifaschismus als dem „Gründungsmythos“ der DDR. Im Westen musste er herhalten als Rechtfertigung für den Terror der RAF. Besonders augenfällig wird die Schwierigkeit eines adäquaten Umgangs mit den Gräueltaten der Vorfahren in den Reaktionen auf die Rede des Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger zum 50. Jahrestag der Novemberpogrome des Jahres 1938. Diese fielen so vernichtend aus, dass der Politiker sein Amt einen Tag später aufgab und nie wieder in die Politik zurückkehrte. Doch was hatte sich Philipp Jenninger eigentlich genau zuschulden kommen lassen?

Der Bundestagspräsident hatte in seiner Rede die 50 Jahre zuvor von den Deutschen an ihren jüdischen Mitbürgern begangenen Verbrechen in keiner Weise gebilligt. Vielmehr hatte er versucht, aus der Sicht der Täter zu verstehen, wie die Juden nach und nach für alles Übel verantwortlich gemacht wurden, um ihre Vernichtung zu rechtfertigen. Hier ein Beispiel:

Waren die Juden in früheren Zeiten für Seuchen und Katastrophen, später für wirtschaftliche Not und „undeutsche“ Umtriebe verantwortlich gemacht worden, so sah Hitler in ihnen die Schuldigen für schlechthin alle Übel: sie standen hinter den „Novemberverbrechern“ des Jahres 1918, den „Blutsaugern“ und „Kapitalisten“, den „Bolschewisten“ und „Freimaurern“, den „Liberalen“ und „Demokraten“, den „Kulturschändern“ und „Sittenverderbern“, kurz sie waren die eigentlichen Drahtzieher und Verursacher allen militärischen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Unglücks, das Deutschland heimgesucht hatte.

Quelle: MediaCulture-Online

Mehrmals benutzte Jenninger das rhetorische Mittel der erlebten Rede. Er verwendete also die Worte, die ein Zeitgenosse der beschriebenen Ereignisse verwendet hätte, sofern er der Naziideologie mehr oder weniger nahestand. Das berühmteste Beispiel für den Einsatz der erlebten Rede ist vermutlich das Folgende:

Und was die Juden anging: Hatten sie sich nicht in der Vergangenheit doch eine Rolle angemaßt – so hieß es damals – , die ihnen nicht zukam? Mußten sie nicht endlich einmal Einschränkungen in Kauf nehmen? Hatten sie es nicht vielleicht sogar verdient, in ihre Schranken gewiesen zu werden? Und vor allem: Entsprach die Propaganda – abgesehen von wilden, nicht ernstzunehmenden Übertreibungen – nicht doch in wesentlichen Punkten eigenen Mutmaßungen und Überzeugungen? Und wenn es gar zu schlimm wurde, wie im November 1938, so konnte man sich mit den Worten eines Mitgenossen ja immer noch sagen: „Was geht es uns an“! Seht weg, wenn euch graust. Es ist nicht unser Schicksal.“ (ebd.)

Jenninger beschreibt sehr präzise die Mechanismen des Hasses der Deutschen auf ihre jüdischen Mitbürger: Die Sündenbockfunktion der Juden und ihre geschichtlichen Wurzeln, der Neid der Deutschen auf die gesellschaftlichen Erfolge ihrer jüdischen Mitbürger, die ungern eingestandene Übereinstimmung vieler Deutscher mit der Rassenideologie der Nazis, und schließlich die Verdrängung der Gewalt durch Wegsehen: Was geht es uns an! So oder ähnlich funktioniert Rassismus überall und zu allen Zeiten. Jenninger hatte in seiner Rede nichts Falsches, sondern sehr viel Richtiges in einer beeindruckenden Deutlichkeit gesagt. So warf man ihm anfangs zwar auch vor, den Holocaust zu verharmlosen, was völlig absurd erscheint, wenn man sich die Rede im Ganzen anhört.  Hauptsächlich kritisierte man ihn jedoch dafür, die erlebte Rede beim Sprechen nicht eindeutig gekennzeichnet zu haben. Dadurch sei der Eindruck entstanden, es handele sich bei den Worten, die er den Tätern und Mitläufern in den Mund legt, um seine eigenen Ansichten.

Aus heutiger Sicht ist dieser bizarre Vorwurf nur schwer nachvollziehbar, wie auch die Tatsache, dass er ausgereicht hat, um einen solchen Skandal zu verursachen und die politische Karriere Jenningers von heute auf morgen zu beenden. Das sieht auch der Autor und Journalist Rainer Poeschl so, der in einem Beitrag für die Bundestagszeitschrift Das Parlament die Integrität Jenningers zum Zeitpunkt seiner Rede hervorhob. Der allseits geachtete Politiker sei antisemitischer Ressentiments völlig unverdächtig gewesen:

An der Integrität Philipp Jenningers konnte kein Zweifel bestehen. Jeder wusste: Antisemitismus und Vergangenheitsverdrängung lagen ihm fern. Jenninger pflegte engagiert die Beziehungen zu Israel, das er während seiner Amtszeit dreimal besuchte. So hatte er als einziger Parlamentspräsident aus Europa an der Feier in der Knesset – dem israelische Parlament – zum 40. Jahrestag der Gründung Israels teilgenommen.

Quelle: Das Parlament

Warum also die Empörung? Für Poeschl beruht diese nicht einfach nur auf einem Missverständnis. Er attestiert den Kritikern einen regelrechten „Wille[n] zum Missverstehen“ und begründet diesen wie folgt:

Jenninger vermied jegliche Betroffenheitsrhetorik, er wartete stattdessen mit unangenehmen Einsichten auf. Mehr noch als Richard von Weizsäcker, der in seiner Ansprache zum 40. Jahrestag des Kriegsendes sagte, „die Ausführung des Verbrechens lag in der Hand weniger“, betonte Jenninger die Verantwortung der Deutschen, da „alle sehen konnten, was heute vor 50 Jahren in Deutschland geschah, und dass die Deportationen in aller Öffentlichkeit vonstatten gingen“. (ebd.)

Jenninger hatte also eine unbequeme Wahrheit ausgesprochen, welche die Zuhörer selbst betraf. Auch durch das rhetorische Mittel der erlebten Rede hatte er versucht, die Geschichte aus der Sicht der Deutschen zu schildern, die der Naziideologie verfallen waren, und seine Mitbürger damit indirekt aufgerufen, die NS-Geschichte als ihre Geschichte anzunehmen. Er hatte „den Deutschen einen Spiegel vorgehalten, in dem sie sich nicht betrachten wollen“, wie die italienische Politikerin Jilde Notti Poeschl zufolge damals geurteilt habe. Er hatte also gerade nicht das getan, was Jesus den Schriftgelehrten und Pharisäern vorwirft: sich von den Tätern zu distanzieren, um sich selbst reinzuwaschen. Stattdessen hatte er sich der von Jesus kritisierten Heuchelei enthalten. Anstatt zu behaupten: „Wir wären an der Stelle unserer Vorfahren nicht schuldig geworden“, machte er sich deren Worte für einen Moment zu eigen, indem er sie als erlebte Rede wiedergab. Dies tat er jedoch nicht, um die Schuld der Vorfahren zu relativieren, sondern um sie überhaupt erst verstehbar zu machen. Jenninger wollte erreichen, dass wir uns in die Täter und Mitläufer von gestern, die immerhin unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern waren, und ohne die wir gar nicht existierten, hineinversetzen.

René Girard zufolge betrachtet eine im sakrifiziellen Denken gefangene Gesellschaft die Enthüllung der Mechanismen der Gewalt selbst als Gewalt und reagiert dementsprechend mit Gewalt. Wer der Gewalt den Spiegel vorhält, wird ihr nächstes Opfer. Dies ist der ewige sakrifizielle Kreislauf, den Girards Sündenbocktheorie beschreibt. Um uns der eigenen Gewalt nicht stellen zu müssen, projizieren wir sie auf andere, in diesem Fall auf unsere verblendeten Vorfahren, mit denen wir nichts zu tun haben wollen. Der Soziologe Werner Bergmann zitiert in einer Fußnote zu seinem Werk Antisemitismus in öffentlichen Konflikten den Historiker Lutz Niethammer mit der Feststellung, der Bundestagspräsident habe mit seiner Rede die „Trauerliturgie der Republik verletzt“ (Werner Bergmann, Antisemitismus in öffentlichen Konflikten. Kollektives Lernen in der politischen Kultur der Bundesrepublik 1949-1989, Frankfurt a. M. 1997, S. 455).  Die Schriftgelehrten und Pharisäer bestimmen die Regeln des richtigen Umgangs mit den Märtyrern, und damit die für alle verbindliche „Trauerliturgie“. Das ist ihre offizielle Funktion. Sie legen fest, wer ein Grabmal erhält, wie dieses auszusehen hat, wie und wann es geschmückt wird etc. Im genannten Artikel bemerkt Girard, dass es sich bei dem Begriff „Märtyrer“ um das griechische Wort für „Zeuge“ handelt, und fügt hinzu:

To be a witness means not only to repeat the words of Jesus but also to pay for these words with one’s life, not in some kind of meaningless and irrational sacrifice, but as a testimony to the truth of these words, as an immediate verification, so to speak” (S. 46).

Zwar hat der Bundestagspräsident seine schonungslose Analyse „nur“ mit dem Ende seiner parlamentarischen Laufbahn bezahlt. Trotzdem könnte man auch ihn in diesem ursprünglichen Sinne des Wortes als „Märtyrer“ bezeichnen, da seine Ächtung in der von Girard geschilderten Weise die Wahrheit seiner Worte bezeugt. Die rituelle Trauerliturgie aufzubrechen, wie es Jenninger bewusst oder unbewusst tat, heißt, die Tür zur Wahrheit zu öffnen. Daraus erklärt sich Girard zufolge ein weiterer Vorwurf Jesu an die Schriftgelehrten und Pharisäer, der sich ebenfalls im 23. Kapitel des Matthäus-Evangeliums findet:

Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließet vor den Menschen! Ihr gehet nicht hinein, und die hinein wollen, lasset ihr nicht hineingehen.

Das Himmelreich ist gleichbedeutend mit der Wahrheit der Evangelien, die für Girard die Wahrheit über die Mechanismen menschlicher Gewalt ist. In dieser Sichtweise entspricht das von Jesus kritisierte Verhalten dem „Wille[n] zum Missverstehen“, den Poeschl bei den Kritikern Jenningers ausmacht. Die Wahrheit über unsere Gewalt soll verborgen bleiben. Der Vorwurf an die Schriftgelehrten und Pharisäer wiegt umso schwerer, als sie sich nicht nur selbst vor der Wahrheit verschließen, sondern auch andere am Erkennen der Wahrheit hindern. Girard zufolge ist es aber naiv zu glauben, dass wir dem sakrifiziellen Kreislauf der Gewalt problemlos entrinnen können, wenn wir ihn einmal verstanden haben. In seinem neuesten Werk „Achever Clausewitz“ distanziert er sich vom impliziten Optimismus seiner frühen Werke und zweifelt die Fähigkeit der Menschheit an, von einem „erhabenen“ moralischen Standpunkt aus die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Obwohl wir sie heute besser denn je verstehen, sind die archaischen Opfermechanismen eine Art Krücke, ohne die wir offenbar nicht zu gehen gewillt oder in der Lage sind. Es ist die besondere Tragik Philipp Jenningers, dass er in seiner Rede auch dies erkennt und zur Vorsicht vor einer selbstgerechten Verurteilung der Verdrängungsmechanismen mahnt, die in der Nachkriegszeit erheblich zum schnellen Wiederaufbau Deutschlands beigetragen hätten:

Die rasche Identifizierung mit den westlichen Siegern förderte die Überzeugung, letzten Endes – ebenso wie andere Völker – von den NS-Herrschern nur mißbraucht, „besetzt“ und schließlich befreit worden zu sein. – Auch dies gehörte zu den Grundlagen, auf denen eine ungeheure Wiederaufbauleistung das von der Welt ungläubig bestaunte deutsche Wirtschaftswunder hervorbrachte. Man kann solche Verdrängungsprozesse, meine Damen und Herren, heute mit einleuchtenden Gründen kritisieren, und wir tun gut daran, diese Kritik ernsthaft und vorbehaltlos zu bedenken. Moralische Überheblichkeit führt dabei allerdings nicht weiter. Vielleicht konnte das deutsche Volk in der heillosen Lage des Jahres 1945 gar nicht anders angesichts der großen Not, des Hungers, der Trümmer reagieren, und vielleicht überfordern wir uns rückblickend auch selbst in unseren Ansprüchen an die damalige Zeit.

Noch einmal also die Erkenntnis, wie die Verdrängung der Wahrheit funktioniert: Man identifiziert sich mit den Siegern der Geschichte, anstatt mit den Verlierern, der „Tätergeneration“. Wären wir zu unsrer Väter Zeiten gewesen, so wären wir nicht mit ihnen schuldig geworden an der Propheten Blut! Jenninger wirbt trotzdem um Verständnis für den Hang seiner Landsleute zur Verdrängung, dessen Opfer er auf tragische Weise selbst wird. Wenn es die Erkenntnis aber so schwer hat und uns anscheinend gar keine andere Wahl bleibt, als immer wieder die Wahrheit über unsere Gewalt zu verdrängen, obwohl wir sie doch verstehen, was bleibt dann für die Zukunft? René Girard erinnert am Ende seines Artikels „The Evangelical Subversion of Myth“ an die Worte des Evangelisten Johannes von der Wahrheit als dem Licht, das in der Finsternis scheint, und das die Finsternis nicht begreift (Joh. 1, 5). Vielleicht ist, was uns bleibt angesichts des Dilemmas der Menschheit, die Gewalt zu verabscheuen, aber ohne sie nicht leben zu können, mit den Worten des Apostels Paulus die Agape als bedingungslose, niemals endende, die Hoffnung nie aufgebende Liebe:

Die Liebe ist langmütig, ,/ die Liebe ist gütig. / Sie ereifert sich nicht, / sie prahlt nicht, / sie bläht sich nicht auf.
Sie handelt nicht ungehörig, / sucht nicht ihren Vorteil, / lässt sich nicht zum Zorn reizen, / trägt das Böse nicht nach.
Sie freut sich nicht über das Unrecht, / sondern freut sich an der Wahrheit.
Sie erträgt alles, / glaubt alles, / hofft alles, / hält allem Stand.
Die Liebe hört niemals auf. / Prophetisches Reden hat ein Ende, /  Zungenrede verstummt, / Erkenntnis vergeht.
Denn Stückwerk ist unser Erkennen, / Stückwerk unser prophetisches Reden;

wenn aber das Vollendete kommt, / vergeht alles Stückwerk.
Als ich ein Kind war, / redete ich wie ein Kind, / dachte wie ein Kind / und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, / legte ich ab, was Kind an mir war.
Jetzt schauen wir in einen Spiegel / und sehen nur rätselhafte Umrisse, / dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, / dann aber werde ich durch und durch erkennen, / so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin.
Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; / doch am größten unter ihnen ist die Liebe.

(1 Kor 13, 4-13)

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